Schlussverbeugen

Meine Haltung zur Theaterpädagogik

In meiner Ausbildung zum Theaterpädagogen habe ich mich intensiv mit verschiedenen Strömungen der Theaterpädagogik und den grossen Theaterschaffenden auseinandergesetzt. Aus dieser Vielfalt habe ich die Elemente herausgearbeitet, die meinem eigenen Verständnis von Theater und künstlerischer Vermittlung entsprechen. Auf dieser Grundlage habe ich ein eigenes System entwickelt, das mich seit meinem Abschluss begleitet und trägt. Es dient mir – besonders in der Arbeit mit meinem Theater- und Musicalverein Fairytale-Academy – als Fundament für meine Unterrichtsplanung, Förderkonzepte und Inszenierungsprozesse.

Trotz aller Struktur bleibt für mich zentral: Theater ist kein Beruf mit standardisierbarem Werkzeugkasten. Das wichtigste Instrument ist und bleibt der Mensch selbst. Und da kein Mensch dem anderen gleicht, lässt sich keine Methode einfach übertragen. So, wie Sanford Meisner es ausdrückt: „Der Schauspieler ist sein eigenes Werkzeug. Deshalb gibt es keine Regel, die für alle gleich funktioniert.“

Handeln statt Beobachten

Im Zentrum meiner schauspielpädagogischen Arbeit steht das Handeln – nicht das Darstellen, nicht das bloße Reproduzieren. Wenn ein Mensch wirklich handelt, kann er sich selbst nicht gleichzeitig beobachten. Seine Aufmerksamkeit liegt ganz bei dem, was er tut. Diese Präsenz macht das Spiel wahrhaftig.

Echtheit ist kein Zustand, den man spielen kann. Um auf der Bühne authentisch zu sein, muss ich zuerst bei mir selbst ankommen. Das bedeutet auch: aufhören, im Alltag ständig Rollen zu bedienen. Theater ist für mich ein Raum, in dem dieses Zurückfinden möglich wird.

Inspirationsquellen & Systematik

Meine Grundlagen schöpfen aus dem System von Konstantin S. Stanislawski, erweitert durch Einflüsse von Michael Tschechow, Sanford Meisner, Stella Adler, Gerhard Ebert und anderen. Aus diesen Quellen habe ich ein Modell aufgebaut, das sowohl künstlerische Freiheit als auch methodische Klarheit ermöglicht. Es orientiert sich an zwei Hauptachsen:

  • Spielatmosphäre (Vertrauen, Präsenz, Selbstwahrnehmung)
  • Theatrales Handwerk (Wahrnehmung, Handlung, Vorstellungskraft, Emotion)

Ziel ist ein Spiel, das lebendig, glaubwürdig und transparent ist – aus dem Inneren genährt und auf der Bühne sichtbar.

Der kreative Zustand

Ein zentrales Element ist für mich der kreative Zustand:
Ein Zustand völliger Offenheit, gespannter Entspannung, innerer Wachheit. In ihm reagiert der Spieler aus dem Moment, lässt sich auf das Unbekannte ein, schöpft aus seiner Vorstellungskraft und tritt ein in ein spielerisches Abenteuer. Dieser Zustand kann nur entstehen, wenn sich jemand sicher fühlt – mit sich selbst, mit der Gruppe und mit dem Raum.

Deshalb beginnt jede theatralische Arbeit für mich mit dem Spiel an sich.
Spiel und Spass sind kein Vorstadium, sie sind der Ursprung. Von Beginn an begleiten spielerische Versuche jede Probe. Sie machen beweglich – innerlich wie äusserlich – und öffnen das Ensemble für das Spontane, das Frische, das Überraschende.

Wahrnehmung, Erinnerung, Imagination

Ein wahrnehmender Schauspieler ist ein lebendiger Schauspieler.
Deshalb arbeite ich intensiv an der Wahrnehmungsschulung – als künstlerische, aber auch als menschliche Bildung. Die Aufmerksamkeit für sich selbst, für den Partner, für den Raum und für die Situation ist für mich grundlegend. Wahrnehmung regt das emotionale Gedächtnis an, schärft das Bewusstsein, fördert Empathie.

Erinnerungsübungen helfen, persönliche Erfahrungen für das Spiel nutzbar zu machen. Method Acting, biografisches Theater und imaginative Verfahren spielen dabei eine zentrale Rolle. Ich will Räume schaffen, in denen eigene Erlebnisse, Gefühle und Beobachtungen in darstellbare Situationen überführt werden können.

Zugleich müssen Spielende lernen, sich auf fiktive Umstände einzulassen – so, als wären sie wirklich. Denn wie Sanford Meisner sagt: „Schauspielen ist die Fähigkeit, wahrhaftig unter imaginären Umständen zu leben.“ Das Theaterspiel ist Handeln unter angenommenen Bedingungen – immer echt, nie beliebig.

Der Weg ist das Spiel – und das Ziel ist das Erleben

Ich bin überzeugt, dass gutes Schauspiel kein Zufall ist. Es ist das Ergebnis von Übung, Bewusstheit und innerer Bereitschaft. Es verlangt Konzentration, Ausdruck, Vorbereitung – aber auch den Mut, loszulassen.

Die theatrale Arbeit mit Jugendlichen, Laien oder Profis verlangt oft Geduld, Klarheit und Vertrauen. Deshalb begleite ich jeden Prozess mit Respekt vor der Individualität und mit dem Ziel, Räume zu schaffen, in denen Spielende über sich hinauswachsen dürfen.

Mein Credo lautet: Erlebe Fantasie. Denn darin beginnt alles – und daraus entsteht lebendiges Theater.

Für mich ist Theaterpädagogik also weit mehr als Technikvermittlung. Sie ist ein Weg zur Wahrhaftigkeit, zur Selbstbegegnung, zur Präsenz. Im Zentrum steht immer der Mensch – nicht als Funktion, sondern als fühlendes, denkendes, handelndes Wesen.

Ich glaube daran, dass man Theater nicht aus einem Lehrbuch lernen kann. Der wichtigste Werkzeugkasten des Schauspielers ist er selbst – mit allem, was ihn ausmacht: Körper, Stimme, Wahrnehmung, Erinnerungen, Vorstellungskraft. Deshalb arbeite ich mit Methoden, die den Menschen in seiner Ganzheit ansprechen – inspiriert von Stanislawski, Meisner, Tschechow, Adler und vielen anderen, die Theater als lebendige Kunst verstanden haben.

Im Schauspieltraining geht es für mich darum, echt zu sein. Lebendig. Offen. Wach. 

Die Kunst des Spielens beginnt für mich mit dem Mut, sich selbst zu begegnen – und dem Vertrauen in die eigene Fantasie.

Ich schaffe Räume, in denen Spiel und Ernst, Handwerk und Entdeckung, Struktur und Spontaneität gleichwertig nebeneinander stehen dürfen. Räume, in denen Menschen ihre Ausdruckskraft entdecken, über sich hinauswachsen, neue Perspektiven einnehmen.

Ich möchte Menschen dazu ermutigen, sich zu zeigen – mit allem, was sie sind. Denn genau das ist für mich Theaterpädagogik: ein Abenteuer der Wahrnehmung, ein Ort echter Begegnung und der kreative Zustand, in dem alles möglich ist.

Ich arbeite in zwei zentralen Bereichen: dem Fundament der Schauspielschulung und der Arbeit am Stück. Beide ergänzen sich, bauen aufeinander auf und bilden gemeinsam die Grundlage für meine künstlerische Arbeit.

Das Fundament der Schauspielschulung

Bevor wir an Produktionen arbeiten, ist es mir wichtig, die Basis zu legen: Ich schaffe eine Spielatmosphäre, in der sich jede:r angenommen, sicher und gesehen fühlt. Denn nur, wer sich im Ensemble wohlfühlt und Vertrauen gefasst hat – zu sich selbst und zur Gruppe – kann wirklich spielen.

In meinen Einheiten stärke ich gezielt Selbstbewusstsein, Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen. Spieler:innen sollen nicht funktionieren – sie sollen sich entfalten können. Ich arbeite mit Wahrnehmungs-, Körper-, Stimm- und Fantasieübungen, um sie ins Hier und Jetzt zu holen, aus dem Alltag heraus und ins kreative Erleben hinein.

Gleichzeitig vermittle ich das theatrale Grundhandwerk. Dazu gehören das Beobachten, Erinnern, Vorstellen, der bewusste Einsatz von Handlung, Wechselbeziehung, Untertext und Gestaltungsmitteln wie Stimme, Bewegung, Raum und Sprache.
Ich will den Spieler:innen Werkzeuge mitgeben, mit denen sie ihre Ausdrucksfähigkeit bewusst gestalten und reflektieren können.

Mein Ziel ist es, die Spielbereitschaft zu erhöhen – körperlich, emotional und gedanklich. Nur wer innerlich bereit ist, kann wirklich handeln.

Arbeit am Stück – Spiel als Begegnung

Wenn wir an einem Stück arbeiten, geht es mir nicht um ein reines „Inszenieren“, sondern um das spielerische Erforschen der Situationen, Figuren und Themen.

Zuerst steht für mich immer das Spiel mit den Situationen im Zentrum – lange bevor der Text ins Spiel kommt. Ich arbeite mit Improvisationen, entwickle Spielszenen aus den Lebenserfahrungen und Beobachtungen der Spieler:innen und lasse sie eigene emotionale Zugänge finden. Erst wenn eine Szene innerlich verstanden und körperlich erlebt ist, arbeiten wir mit dem Text.

Handlung vor Text – das ist einer meiner wichtigsten Grundsätze. Denn ein Satz ohne Absicht bleibt leer. Die Handlung muss Sinn ergeben, aus einem inneren Impuls heraus kommen und in der Figur verankert sein. Erst dann entfaltet das Spiel seine Kraft.

Ich versuche in jeder Probe, das authentische Handeln unter angenommenen Bedingungen zu ermöglichen – nicht als bloße Technik, sondern als lebendigen Prozess. Requisiten, Bühnenbild, Kostüme und Musik kommen so früh wie möglich zum Einsatz, um die Fantasie zu beflügeln und die Rolle zu verkörpern.

Meine Haltung als Spielleiter

Ich sehe mich als Wegbegleiter und Raumgeber. Ich bringe Struktur, Planung, Sicherheit und Fachwissen mit, aber vor allem Einfühlungsvermögen, Achtsamkeit und Freude am gemeinsamen Entdecken.

Ich arbeite methodisch fundiert – inspiriert von Stanislawski, Meisner, Adler, Rellstab u. v. m. – und entwickle auf dieser Grundlage mein eigenes Modell. Dieses Modell ist kein starres Schema, sondern eine dynamische Arbeitsstruktur, die ich flexibel auf meine Gruppen und Projekte anpasse.

Ich liebe es, wenn Theater zum Ort echter Begegnung wird – mit sich selbst, mit anderen, mit dem Leben.

Unter dem Downloadbutton kannst du mein Theaterkonzept einsehen.